Vortrag im Café Q: Das Radio hat den Erfolg der Nazis befördert
Hat das neue Medium Radio den Erfolg der Nazis befördert? Es wurde jüngst bei dem Vortrag von Dr. Hans-Jürgen Krug im Niederdietener „Café Q“ recht bald deutlich, dass dies keine Schuldfrage sein kann, dennoch lautet die Antwort: „Ja, es hat.“ Ohne die überaus geschickte Nutzung dieser damals noch sehr neuen Kommunikations- und damit auch Manipulationsmöglichkeit hätte die flächendeckende „Machtergreifung“ wohl kaum in so kurzer Zeit stattfinden können.
Propaganda
in jedem Örtchen
Bis in die kleinsten Dörfer hinein war es plötzlich möglich, den „Führer“ und seine Propagandaleute zeitgleich zu seinen öffentlichkeitswirksamen Auftritten im Berliner Sportpalast und anderswo quasi live zu erleben. Dabei spielte es nach den Ausführungen des Hamburger Medienwissenschaftlers eine nicht zu unterschätzende Rolle, diesen Übertragungen gemeinsam mit vielen anderen Menschen beizuwohnen. Das vor allem dürfte für solidarisierende und kollektivierende Effekte des medialen Trommelfeuers beigetragen haben. So wurde etwa am Tag des „Anschlusses“ von Österreich das begleitende Radioprogramm mit geschickt eingestreuten Musik- und Reportage-Passagen auf den gesamten Tag ausgeweitet.
Dabei hörten sich die Reden des „Führers“ anfangs noch merklich ungelenk an und wirkten eher wie schwer verständliches Gebell denn nach beeindruckender Rhetorik an. Auch der „Führer“ musste den Umgang mit der neuen Technik zunächst einüben. Er konnte aber sicher sein, nahezu das gesamte Volk erreichen zu können, ein nicht zu unterschätzendes Potenzial. Daher drängten alsbald massenhaft einfache und preiswerte Empfangsgeräte, etwa der „Volksempfänger“ für seinerzeit 79 Reichsmark, auf den Markt.
Große Übertragungsgeräte
Die wichtigste Technik bestand jedoch nach wie vor im „Gemeinde-Übertragungs-Gerät“, einem wuchtigen Apparat mit großem Lautsprecher, der zumal für ein Dorf, am Gemeindehaus aufgestellt, eine hinreichende Schallquelle darstellte. Ein solches Originalgerät, ausgeliehen und betrieben von Hans Necker vom Radiomuseum in Bad Laasphe, stand in der Veranstaltung im Mittelpunkt und diente dem Vortrag zahlreicher O-Ton-Dokumente, die der Referent dabei hatte. Text- und Bildbeispiele aus Engelbach, Biedenkopf, Dautphe und natürlich auch Niederdieten ließen diese finstere Epoche wieder aufscheinen, ergänzt durch Nachrichten aus der Tageszeitung.
Regierung
via „Twitter“
Die gezielte Nutzung jeweils neuer Medien war und ist stets im Fokus politischer Gruppen, Parteien und Repräsentanten. Die Fernsehtauglichkeit politischer Auftritte in den 1960er und 70er Jahren hatte hohe Bedeutung, und wenn der amerikanische Präsident überwiegend über den Kurznachrichten-Dienst „Twitter“ regiert, ist das eine aktuelle Entsprechung dieses Trends.