Ex-Bürgermeister Peter Pfingst meldet sich zu Wort
„Erst wird monatelang darüber berichtet, dass ich angeblich der Kommune einen Schaden in sechsstelliger Höhe verursacht habe. Und jetzt, da der Fall zu meinen Gunsten ausging, legt mir mein Nachfolger nahe, dass ich mich nicht mehr äußern soll.“ Verständlicherweise hat Steffenbergs ehemaliger Bürgermeister Peter Pfingst (parteilos) das Bedürfnis, die Dinge nun endlich einmal klarzustellen.
Eine Belastung
Hintergrund: Seit 2017 war der Steinbruch in Steinperf verstärkt in das Blickfeld der Steffenberger Gemeindevertreter geraten. Man störte sich an der angeblich zu geringen Beteiligung der Gemeinde an den Ausbeuteerlösen und an den Sprengungen, die sich zu einer erheblichen Belastung für die Steinperfer Bevölkerung entwickelt hätten. Es wurde versucht, die noch laufenden Verträge zu ändern und, nachdem die Betreiberfirma nicht richtig mitzog, diese mit einer Vielzahl von Maßnahmen zum Umschwenken zu bewegen.
In diesen Zusammenhang geriet dann auch, der mit der Gemeinde geschlossene Vertrag mit dem Steinbruch-Betreiber (Firma Trautvetter) in das Blickfeld dieser Auseinandersetzung.
Eine Mehrheit in der Gemeindevertretung um den Vorsitzenden Armin Reichel und den SPD-Fraktionsvorsitzenden Maik Schmidt richtete im Herbst 2018 einen Akteneinsichtsausschuss ein, um den letzten Vertragsabschluss aus 2011 zu untersuchen. „Als Ergebnis wurde dann behauptet, dass durch die Absenkung der Erlösbeteiligung der Gemeinde von bisher 2,5 auf nunmehr 0,5 Prozent ein Schaden im mittleren sechsstelligen Bereich entstanden sei und dass der Gemeindevorstand gar nicht berechtigt war, diese Vertragsänderung zu beschließen“, berichtet Pfingst im Gespräch mit Backland.News.
Ruffert verschonen
Anschließend beschloss dann die Gemeindevertretung, dass nur der ehemalige Bürgermeister zu Schadensersatzleistung herangezogen werden sollte. Der ehemalige Gemeindevorstand blieb außen vor, und der an der Vertragsunterzeichnung beteiligte ehemalige Erste Beigeordnete Detlef Ruffert sollte verschont bleiben.
Die Gemeinde Steffenberg hat dann diese Forderung in Form eines Leistungs- und Feststellungsbescheids Ende 2018 gegen Peter Pfingst geltend gemacht. „Eine ordnungsgemäße Anhörung erfolgte dabei nicht“, moniert Pfingst, „denn ich sollte innerhalb von drei Werktagen zu einem Vertragsabschluss, der sieben Jahre zurücklag und von dem mir keinerlei Unterlagen zur Verfügung standen, Stellung nehmen.“ So legte er Widerspruch ein.
In der Widerspruchsbegründung bemängelten er und sein Anwalt, dass die Gemeinde eine Änderung der Bezugsgröße in ihrem Bescheid schlichtweg verschwiegen hatte. Während bis zur Vertragsänderung das Steinmaterial schwerpunktmäßig auf den verpachteten Gemeindeflächen abgebaut wurde, erfolgte der Abbau nunmehr überwiegend auf den eigenen Flächen des Pächters. Betrug der Flächenanteil der Gemeinde bisher noch 73,2 sank er ab dem Zeitpunkt der Vertragsänderung auf nur noch 12,1 Prozent. Um der Gemeinde aber auch künftig Einnahmen aus dem Erlös zu sichern wurden die neuen Flächen des Betreibers mit aufgenommen.
Neuer Förderzins
„Und dadurch“, so Pfingst, „ergab sich bei der Berechnung ein neuer Förderzins in Höhe von 0,41 Prozent – und wir lagen mit ausgehandelten 0,5 Prozent sogar noch darüber. Zusätzlich wurde erstmals mitaufgenommen, dass die Gemeinde bei der anstehenden Verfüllung der ehemaligen Abbauflächen mit 25 Prozent am Erlös beteiligt wird.“
Mangelnde Sorgfalt?
Weiterhin stellte Peter Pfingst fest, dass der Ausschuss nicht berücksichtigt habe, dass er sich damals durch einen Mitarbeiter bei der Kommunalaufsicht rückversichert habe, dass der Gemeindevorstand wie in 2001 auch wieder zuständig sei. „Eine einfache Rückfrage bei mir, in der Verwaltung oder bei der Kommunalaufsicht hätten hier für Klarheit sorgen können“, rügt Peter Pfingst. Der Akteneinsichts-Ausschuss um Armin Reichel habe zudem, so Pfingst weiter, die Akten viel zu oberflächlich gesichtet und wesentliche Informationen und Unterlagen nicht berücksichtigt. „Da hätten natürlich Haushaltsvorberichte mit eingesehen werden müssen, die, wie man sich denken kann, nicht in der Steinbruch-Akte lagen, aber die natürlich trotzdem dazugehören. Wenn ich unter Wahrung von Fristen einen Anspruch geltend machen will, dann muss ich doch auf solche Inhalte achten“, betont er und lässt durchblicken, dass es „dieses oberflächliche Vorgehen und diese Versäumnisse“ sind, die der Gemeinde Steffenberg nun hohe Kosten verursachen.
„Uneingeschränkte Entlastung“
„Und wenn überhaupt ein Anspruch bestanden hätte, so wäre er spätestens Ende 2017 verjährt gewesen. Denn im Haushaltsvorbericht für das Haushaltsjahr 2014, der der Gemeindevertretung im Dezember 2013 vorgelegen hat, waren die vertraglichen Auswirkungen ausführlich erläutert. Auch stellt sich für mich die Frage“, so Pfingst weiter, „weshalb die Gemeindevertretung den damaligen Gemeindevorstand samt Bürgermeister für dessen Haushalts- und Wirtschaftsführung bis einschließlich 2016 die ‚uneingeschränkte Entlastung‘ erteilt hat und dann aber aus diesen Jahren Forderungen erhebt.“
Hohe Kosten
All die Versäumnisse der Ausschuss-Mitglieder und der danach handelnden Gremien seien zum Nachteil Steffenbergs geschehen. Die aufgelaufenen Kosten für den Rechtsstreit hat Bürgermeister Gernot Wege mit „15.000 bis 20.000 Euro“ beziffert. „Ich gehe mal davon aus“, meint Pfingst, dass sich die gemeindlichen Kosten vielmehr im mittleren fünfstelligen Bereich bewegen werden.“
„Drollig“ findet der Pensionär auch die Festlegung der Gemeindevertretung, nur ihn zur Rechenschaft zu ziehen, und den damaligen Gemeindevorstand und Ersten Beigeordneter zu schonen. Er spöttelt: „Bis dato war mir nicht bekannt, dass im deutschen Rechtssystem jemand bei ein und demselben Vergehen geschont werden kann. Aber wahrscheinlich ist dies ‚altes Steffenberger Landrecht‘, was sich Reichel und Co. hier zu eigen gemacht haben.“
Viele Rücktritte
Es gebe aber auch die andere Seite in den gemeindlichen Gremien, so Pfingst, die nicht alles wort- und tatenlos hingenommen hätten. „Leider sind sie bisher in der der Minderheit geblieben; aber ich habe die Hoffnung, dass sich das bald ändern wird. Für mich ist es deshalb auch kein Wunder, dass in dieser Legislaturperiode so viele Mandatsträger zurückgetreten sind wie noch nie zuvor in der Geschichte Steffenbergs.“
„Es schmerzt menschlich“
Der 65-jährige Pfingst, der heute in Haina/Kloster lebt, merkt noch an, dass ihn diese Geschichte mitgenommen hat. „18 Jahre lang habe ich versucht, mein Bestes für die Gemeinde Steffenberg zu geben und habe mit vielen vertrauensvoll zusammengearbeitet .“ Er denkt dabei primär an die Vertreter der Bürgerliste. „Dass die, bis auf wenige Ausnahmen so eine niedere Vorgehensweise dann mittragen – das schmerzt menschlich doch sehr.“