IHK Lahn-Dill rügt „Salami-Taktik“ der Regierung
Die Lage im Einzelhandel ist dramatisch, Hilfen kommen praktisch nicht an. Händler verbrauchen ihre Rücklagen und müssen Kredite aufnehmen, um ihre Existenz zu sichern, Insolvenzen drohen: Immer mehr Mitgliedsunternehmen in der heimischen Region wenden sich an die Industrie- und Handelskammer Lahn-Dill. „Die Situation ist katastrophal. Der zweite Lockdown, der bereits mitten im Weihnachtsgeschäft gestartet ist, hat den Einzelhandel ins Mark getroffen“, erklärt der Hauptgeschäftsführer der IHK Lahn-Dill, Burghard Loewe.
„Es zermürbt“
Die Salami-Taktik, die Schließungsanordnung alle paar Wochen zu verlängern, zermürbe die Händler. Dazu komme, dass die Hilfen nicht an die Händler gelangten. „Das Geld muss so schnell wie möglich und vor allem unbürokratisch ausgezahlt werden“, so der IHK-Chef weiter. Die Händler bräuchten Planungssicherheit. Die IHK Lahn-Dill spricht sich für eine schrittweise Öffnung aus. Loewe warnte auch vor Wettbewerbsverzerrungen: So dürften Läden öffnen und im Nebensortiment Artikel verkaufen, andere Geschäfte, die genau diese Artikel im Hauptsortiment führten, müssten dagegen schließen.
Handel leidet schwer
„Die Lage spitzt sich zu“, sagt der Handelsausschuss-Vorsitzende der IHK Lahn-Dill, Jörg Palm, vom gleichnamigen Juweliergeschäft. „Völlig unverschuldet nehmen Händler Kredite auf und versuchen, am Leben zu bleiben.“ Viele Geschäftsinhaber wüssten nicht mehr, wovon sie die nächste Warenlieferung bezahlen sollten. Durch Bestell- und Abholservices könnten die derzeitigen Umsatzverluste nicht annähernd ausgeglichen werden, so Palm weiter.
Anke Kaps, Inhaberin und Geschäftsführerin des Sport- und Modehauses Kaps und ebenfalls Mitglied im Handelsausschuss, hat sich mit einem Schreiben persönlich an die Landesregierung gewandt und ihre Situation geschildert. Sie befürchtet, dass der Mittelstand durch die pauschalen Schließungsmaßnahmen zerstört wird.
„Wir haben alle geforderten Hygienemaßnahmen umgesetzt und auch dahingehend investiert – um eben nicht mehr schließen zu müssen“, betont die Geschäftsführerin.
„In Regionen oder Innenstädten, in denen schon die ersten Geschäfte schließen müssen, bleiben in Zukunft Kunden weg. Dann fehlt es an Frequenz. Weitere Schließungen werden folgen.“ I