Hartmut Bünger als Pfarrer in Wallau eingeführt
Dass jemand Pfarrer wird, nachdem er lange Jahre in einem anderen Beruf gearbeitet hat, ist selten, aber nicht ungewöhnlich. Dass jemand Pfarrer war und nach mehr als 20 Jahren in einem anderem Beruf dann wieder den Talar anlegt, dürfte die Ausnahme sein. Hartmut Bünger hat bis ins Jahr 2000 als Pfarrer und seitdem als Redakteur und Redaktionsleiter gearbeitet. Kurz vor Weihnachten ist er nun in seinen Dienst als Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Wallau / Weifenbach im Nachbarschaftsraum „WEB“ (Wallau / Eckelshausen / Biedenkopf) eingeführt worden.
Verständlich und zugleich unterhaltsam formulieren: Für Journalisten gehört das zum täglichen Geschäft. Auf seinen neuen Job als Pfarrer übertragen bedeutet das für Hartmut Bünger, dass er auf „moderne und ansprechende Weise Menschen einladen möchte zum Glauben an Jesus Christus“, wie er erzählt: „Wer hat denn schon Lust auf eine trockene 20-minütige theologische Abhandlung?“, fragt er sich. Was Kirche mitzuteilen habe, müsse mit dem eigenen Leben zu tun haben und so rüberkommen, dass man sich für das Thema interessiere und dem Gedankengang dazu folge, findet Bünger. Ganz so wie bei einem Artikel für die Zeitung.
Seit 2000 ist Hartmut Bünger für die unterdessen in der Verlagsgruppe Rhein Main (VRM) aufgegangenen Wetzlardruck GmbH tätig, seit 2003 beim „Hinterländer Anzeiger“, dessen Ausgabe er seit 2012 als Redaktionsleiter verantwortet hat – nachdem er zuvor Theologie studierte und als Pfarrer tätig war. Wie kommt es zu so einem Lebenslauf?
Berufs-Neustart mit 57 Jahren
Hartmut Bünger bezeichnet es als „Fügung“, dass er nun Pfarrer sein kann in Wallau, wo er seit 2004 mit seiner Familie lebt. „Dafür bin ich dankbar“, sagt er. In gewisser Weise spielt sein Wohnort auch eine Rolle bei seiner beruflichen Umorientierung zurück zu den Ursprüngen: Seit Pfarrerin Katharina Stähler im Oktober 2023 in den Ruhestand verabschiedet wurde, hat er öfter mal eine Gottesdienst-Vertretung in den Gemeinden übernommen. „Das hat eine neue Freude an der Verkündigung in mir wachgerufen“, sagt Bünger. Und es habe zugleich auch ein Bedauern ausgelöst und verstärkt, dass all das im Theologiestudium und Vikariat Erlernte kaum zum Einsatz kommen konnte, wie er berichtet. Konkret mit der Rückkehr in den Pfarrdienst beschäftigte er sich gedanklich, seit Ende 2023 die Pfarrstelle in Biedenkopf frei wurde.
Und nun ist es also soweit: Hartmut Bünger wird in seinem Heimatort Pfarrer. Seit Anfang Dezember ist er im Amt, hat seinen Schreibtisch im Pfarrbüro eingeräumt und den Computer eingerichtet; es gab Dienstbesprechungen mit der Vorsitzenden des Kirchenvorstands und der Sekretärin. „Zum Dienstbeginn steht viel Organisatorisches und das Kennenlernen der Prozesse an“, erzählt er. Schon vorher hat er auch in der Grundschule im Religionsunterricht hospitiert, wo er ab Februar im neuen Schuljahr zwei Stunden übernehmen wird.
Religionslehrerin weckt und fördert den Glaube
Seine eigene Religionslehrerin war seinerzeit mit dafür verantwortlich, dass er die theologische Laufbahn wählte: „Am katholischen Gymnasium in Bad Münstereifel war sie die einzige evangelische Religionslehrerin, die ich von der 6. bis zur 13. Klasse hatte“, erinnert sich der Theologe: „Ihr Ziel war, den Glauben an Jesus zu wecken und zu fördern.“ Der Tod einer Mitschülerin und der Austausch in einer kirchlichen „Teestube“ über biblische Texte brachte ihn seinerzeit ins Nachdenken darüber, was in seinem Leben wichtig sein und Sinn geben sollte. An das Studium in Erlangen, Göttingen und Bonn schlossen sich das Vikariat in der Kirchengemeinde Ratingen 1994 bis 1996, das Pfarrvikariat in der Evangelischen Domkirchengemeinde in Wetzlar 1996 bis 1997 und die bis 2000 nachfolgende Anstellung als „Pastor im Sonderdienst“ in den Kirchgengemeinden Atzbach und Dorlar an.
Eigentlich hätte dieser wegen der zu vielen Pfarramtswärter eingerichtete “Sonderdienst“ fünf Jahre dauern sollen. Im Jahre 2000 trat Hartmut Bünger jedoch ins Volontariat bei der Wetzlardruck GmbH ein. „Ich hätte gerne nach dem Vikariat ein Sondervikariat in Richtung Pressearbeit gemacht, aber das hat sich leider nicht ergeben“, erzählt der heute 57-Jährige. 1997 ist er zur Unterstützung dem Pressereferenten des Kirchenkreises Wetzlar zugeordnet worden, dessen Aufgaben er dann ab 1999 ehrenamtlich per Beauftragung übernahm. „Ich habe in dieser Zeit festgestellt, dass mir das liegt und dass ich das gerne mache“, erläutert Bünger. Als sich dann 2000 die Gelegenheit zum Volontariat ergibt, schlägt er diesen Weg ein und wird nach dem Ende dieser der journalistischen Ausbildung übernommen.
„Ein Pfarrer sollte im Leben stehen“
Dabei hat der Glaube Bünger schon Zeit seines Lebens begleitet. „Das gehörte einfach dazu und war immer präsent“, erinnert er sich. In der Oberstufe entschloss er sich zum Theologiestudium. Nach der jahrelangen Pause müsse er nun natürlich in manches wieder „reinwachsen“, erzählt er. Das betreffe nicht nur die Verwaltungsaufgaben, die der Pfarrberuf so mit sich bringt, sondern auch beispielsweise die Bereiche „Bestattungen“ und „Konfirmanden“. Zu diesen beiden Themen werde er noch einwöchige Fortbildungen besuchen, kündigt der neue Wallauer Pfarrer an.
Dafür bringe er schon einiges an Lebenserfahrung mit, habe vier Kinder im Teenageralter und als Journalist viel mit Menschen in den unterschiedlichsten Bereichen zu tun gehabt: „Ein Pfarrer sollte im Leben stehen“, findet Bünger, der privat gerne Krimis und Science-fiction-Romane liest. Als Hobbys nennt er zudem Laufen, Heimwerken und seine Zwergkaninchen.
„Menschen erreichen und bewegen“
„Und schließlich geht es bei beiden Jobs darum, Botschaften so zu vermitteln, dass es die Menschen erreicht und bewegt“, ist der Journalist und Theologe überzeugt. Die Sprache sieht Bünger generell als wichtigen Schlüssel zum Ohr und damit zur Aufmerksamkeit der Menschen: „Viele alte Kirchenlieder sind heute erklärungsbedürftig“, weiß er. Das habe für die wenigsten etwas mit dem eigenen Leben zu tun. Kirche müsse da verständlicher und unterhaltsamer werden und sich durchaus auch mal der Terminologie der social-media-Kanälen bedienen, damit die Menschen ihr im doppelten Wortsinne folgen.
Auch sonst kann sich der neue Wallauer Pfarrer einiges vorstellen, um näher bei den Menschen zu sein. Zusammen mit dem Gottesdienst-Team und dem Kirchenvorstand wolle er über neue Formen für Gottesdienste beraten, die auch nicht unbedingt in der Kirche stattfinden müssten oder sich mit einem besonderen Thema beschäftigen und etwas anders gestaltet werden könnten, überlegt Bünger und hat auch schon ein spannendes Thema im Kopf, wie er verrät: „Ich würde gern mal was zu optischen Täuschungen und Illusionen machen!“ Langweilig dürfte es in den nächsten Jahren in den Evangelischen Kirchengemeinden Wallau / Weifenbach nicht werden.