„Der tollste Beruf der Welt!“ Johann Lieberknecht heißt der „Neue“
Die Evangelische Kirchengemeinde Biedenkopf und das Evangelische Dekanat Biedenkopf-Gladenbach haben einen neuen Kantor: Johann Lieberknecht wurde am Sonntag im Rahmen eines Festgottesdiensts in der Evangelischen Stadtkirche Biedenkopf in sein Amt als Gemeinde- und Dekanatskantor eingeführt: „Der tollste Beruf der Welt“, freut er sich. Der „Neue“ stellt sich einigen Fragen.
Kannten Sie Biedenkopf schon vor Ihrer Bewerbung auf die Stelle?
Ja, wir waren über viele Jahre hinweg mit dem UniChor Marburg auf Probenwochenende in der Jugendherberge Biedenkopf, und wir haben auch immer mal die Stadt erkundet.
Sie sprachen davon, in der Jugend nicht nur Orgel, sondern auch Fußball gespielt zu haben… interessieren Sie sich dafür heute noch, oder spielen Sie gar aktiv?
Interessieren ja, spielen leider nicht mehr. Zu Beginn meiner Marburger Zeit habe ich einige Jahre in der „Bunten Liga“ gespielt, eine selbstorganisierte studentische Freizeitliga. Aber im Moment komme ich einfach nicht mehr dazu, freue mich aber schon, wenn mein Sohn alt genug ist…
Was ist Ihr Lieblingsverein?
Aus nostalgischer Verbundenheit zu meiner Thüringer Heimat: FC Carl Zeiss Jena!
Welche anderen Hobbys haben Sie? Und nehmen Sie sich auch die Zeit, sie auszuüben?
Ehrlich gesagt – im Moment nicht, da man innerhalb eines Kirchenmusikstudiums eigentlich nie Zeit hat.
Welche Instrumente spielen Sie außer der Orgel?
Klavier natürlich (und das ist etwas wesentlich anderes als Orgel), und seit meinem Studium Posaune. Als Jugendlicher habe ich mal drei Jahre Cello gespielt. Leider kann ich keinen Ton Blockflöte spielen, meine Frau lacht mich immer aus.
Welchen klassischen Komponisten schätzen sie am meisten? Und welche(n) zeitgenössischen?
Also, bei den Klassikern würde ich natürlich zuerst Bach sagen (und dicht dahinter Schütz, Brahms und Reger). Und bei den Zeitgenossen schätze ich Arvo Pärt und die skandinavischen Vertreter der Chormusik.
Mögen Sie auch „weltliche“ Musik? Wenn ja – welche?
Natürlich, und der Übergang zur geistlichen Musik ist ja ohnehin fließend. Allerdings auch da quasi ausschließlich „klassische“ Richtung, von Gabrieli bis Gjeilo. In der Jugendzeit habe ich alles von „Die Ärzte“ gehört, aber das war immer etwas anderes als eine Bruckner-Symphonie… Jetzt als Berufsmusiker höre ich quasi gar keine Musik „nebenbei“, sondern nur, wenn ich mich damit beschäftige, und nach dem langen Musikstudium hört man Musik auch nochmal ganz anders.
Welche CD liegt eben in Ihrem Auto-Player?
Das nervtötende Unheil junger Eltern: Kinderlieder vom „Bagger“ und vom „Zoo“, die musikalisch grenzwertig sind, aber beim Nachwuchs helle Begeisterung auslösen und die man nach kürzester Zeit auswendig kann.
Wenn Sie den passenden Chor und die Mittel für das Orchester zur Verfügung hätten – welches Werk würden Sie gerne einmal aufführen?
Das Deutsche Requiem von Brahms.
Wissen Sie schon, was in den kommenden Monaten musikalisch ansteht? Was ist Ihr erstes Vorhaben?
Nach den Sommerferien – beziehungsweise nach dem Grenzgang – wird die „Dekanatskantorei Biedenkopf“ starten mit wöchentlicher Probe in Biedenkopf.
Der Plan ist, mittelfristig eine überregionale Kantorei zu haben unter Einschluss der jetzigen Kantorei Gladenbach, wenn dort der Kollege im Herbst in den Ruhestand geht.
Haben Sie ein Vorbild?
Hm, keins in einer einzigen Person, eher verschiedene Eigenschaften bei verschiedenen Leuten.
Gibt es ein Lebensmotto oder einen Bibelvers, der Sie begleitet?
Oh, da gibt es viele beziehungsweise keinen bestimmten. Als „Motto“ würde ich es vielleicht nicht bezeichnen, aber „Was Gott tut, das ist wohlgetan“ trifft es eigentlich schon ganz gut.
Urlaub lieber in den Bergen oder an der See? Sonne oder oder Schnee?
Auf jeden Fall lieber Berge und auch auf jeden Fall lieber Schnee. Alles über 21 Grad ist eigentlich schon zu warm.
Haben Sie einen Lieblingsautor / ein Lieblingsbuch?
Kjetil Bjornstads Pianisten-Trilogie hat mich zuletzt gefesselt, da habe ich alle drei Teile gelesen. Ansonsten lese ich gerne auch mal was in Richtung Geschichte.
Wofür würden Sie etwas spenden, wenn Sie viel Geld übrig hätten oder gewinnen würden?
Für die Entwicklungshilfeorganisation „Shisasay“ in Kamerun, für die ich mal ein paar Monate dort war und die vor allem Waisenkindern Schulbildung ermöglicht.
Dann noch alles Gute für Ihren Dienst!
Vielen Dank! Ich freue mich auf die neue Aufgabe.
(Das Interview führte Klaus Kordesch, Öffentlichkeitsreferent des Evangelischen Dekanats Biedenkopf-Gladenbach.)
Zur Person:
Johann Lieberknecht (33) ist 1985 in der Nähe von Sonneberg in Thüringen in eine Musikerfamilie mit drei Geschwistern geboren worden. Direkt nach der Grenzöffnung wurde er in Franken eingeschult. „Wir waren die Ossis hier und die Wessis da“, erinnert er sich an diese Zeit.
Nach dem Abitur begann er 2005 ein Studium der Geschichte und Philosophie in Marburg, wo er die Lust am Orgelspielen neu entdeckte und nicht nur als Organist in verschiedenen Kirchengemeinden – unter anderem an der Elisabethkirche in Marburg – aktiv war, sondern auch in mehreren Chören. Als er mit 27 Jahren dieses erste Studium abschloss, begann er an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst und Frankfurt das Masterstudium Kirchenmusik, das er mit der A-Prüfung in diesem Sommer beenden will.
Lieberknecht lebt mit seiner Frau und dem zweijährigen Sohn Balthasar in Marburg. Ähnlich wie sein Vorgänger Edwin Plies ist er mit einer halben Stelle bei der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Biedenkopf als Kantor beschäftigt, ab August nach Abschluss seines Studiums dann mit einer weiteren halben Stelle beim Evangelischen Dekanat Biedenkopf-Gladenbach als Dekanatskantor.