Gefoltert. Gestanden. Verbrannt.
Was geschah in Marburg zur Zeit der Hexenverfolgung? Dieser Frage sowie unterschiedlichen Aspekten von Volksmagie, historischer Rechtsprechung und dem Hexenbild im Wandel der Zeit widmet sich ein Jahr lang die Veranstaltungsreihe „Andersartig. Hexen. Glaube. Verfolgung.“. Marburgs Oberbürgermeister Thomas Spies läutet zusammen mit Initiatorin Dr. Elke Therre-Staal, dem Historiker Dr. Ronald Füssel und dem Fachdienst Kultur den Erinnerungsprozess im Historischen Rathaussaal ein.
Nie wieder!
„Der Gedanke ist unerträglich, dass hier an diesem wichtigen demokratischen Ort – sozusagen direkt unter unseren Füßen – Menschen der Hexerei angeklagt, verhört und gefoltert wurden,“ sagt Spies und blickt in das Lochgefängnis im Rathaus. „Damit Vergleichbares nie mehr geschieht, sollten wir auch aus diesem dunklen Kapitel der Stadtgeschichte lernen“, meint Spies.
Keinen ausgrenzen
Um zu verstehen, was wirklich passiert ist, wie viele Menschen umgekommen sind, wer Täter und wer Opfer waren und welche Ursachen zu diesen Exzessen von Diskriminierung und Ausgrenzung führten, hat die ehemalige Stadtverordnete Dr. Elke Therre-Staal das Thema angeregt. „Es geht darum, wie Menschen ausgegrenzt und brutal verfolgt werden, weil sie anders sind.
Großes Programm
2020 startet nun das Gedenkjahr mit einem umfangreichen Programm, an dem auch die Evangelische Kirche, die Philipps-Universität, das Staatsarchiv und die Stadtgesellschaft maßgeblich beteiligt sind. Mehr als 100 größere und kleinere Veranstaltungen beleuchten Aspekte rund um Hexenglauben und Verfolgung aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Von einer wissenschaftlichen Tagung im Archiv über offene Ringvorlesungen an der Universität und Bürgervorträgen im Rathaus bis hin zu Workshops, Konzerten, Ausstellungen, Kinofilmen, Führungen und Angeboten für Kinder. Dazu kommt ab März die Beschäftigung mit der Magie der Kräuter als einem Beispiel für Heilwissen, das Hexen oft zugeschrieben wurde.
Auftakt im März
Das Themenjahr startet am 17. März um 17 Uhr mit einem Auftaktgottesdienst in der Lutherischen Pfarrkirche und endet am Buß- und Bettag, 18. November, mit einem namentlichen Gedenken und einem Abschlusskonzert. Am 22. April wird es eine offene, moderierte Diskussionsrunde mit dem Oberbürgermeister, den Initiatorinnen, Fachleuten und interessierten Menschen darüber geben, wie wir mit solchen geschichtlichen Phänomenen angemessen umgehen sollten.
In Marburg hat es 24 Todesopfer gegeben – 22 Frauen und zwei Männer. 21 wurden hingerichtet, drei Frauen verstarben in der Haft beziehungsweise während der Tortur. Im Mai wird auch die Studie „Gefoltert. Gestanden. Zu Marburg verbrannt. Hexenprozesse in Marburg“ im Buchhandel erscheinen. Mitte Februar soll die umfängliche Broschüre mit mehr als 100 Seiten zur Veranstaltungsreihe erscheinen.
Weitere Informationen gibt es bei FD Kultur, Ruth Fischer, (06421) 201-1467, ruth.fischer @marburg-stadt.de.