Oberdieten: Der Widerstand wächst
„Wir wollen dieses Zwischenlager hier nicht haben“, sagt die überwiegende Mehrheit der Anwohner aus Oberdieten. Die Bürgerinnen und Bürger haben den nicht unberechtigten Eindruck, dass das Projekt „an uns vorbei mal schnell durchgewunken werden sollte“. Morgen, am Dienstag schon, steht in der Sitzung der Gemeindevertretung die endgültige Entscheidung auf der Tagesordnung, ohne dass im Rahmen einer Bürgerversammlung vorab darüber informiert oder gar debattiert wurde.
Zum reduzierten Preis
„Und dann wollen die den Baugrund auch noch zum Dumpingpreis verscherbeln“, sagt ein Anwohner. „Mal abgesehen davon weiß man gar nicht, ob der Betrieb der Gemeinde überhaupt Gewerbesteuer einbringt, wo er doch seinen Hauptsitz andernorts hat.“
„Im Gegenteil – der kostet die Gemeinde weiterhin Geld“, glaubt eine andere Bürgerin. „Der Schwerlastverkehr der damit einhergeht, wenn Lkw täglich, auch sonn- und feiertags die Straßen belasten, ist nicht gering zu schätzen.“
Besteht Gefahr?
Die Verhältnismäßigkeiten passten nicht, heißt es weiter. Jedes Windrad müsse wegen der Lärmbelästigung 1.500 Meter entfernt stehen. Und eine Hühnerfarm wurde seinerzeit abgeblockt wegen der Geruchsbelästigung. „Das stinkt – aber das ist wenigstens nicht giftig!“ Und bei der vorgesehenen Anlage rede man von hochgefährlichen Stoffen – und da würden die Belästigungen und gesundheitlichen Gefahren kleingeredet.
50.000 Tonnen
Bemängelt wird von den Anwohnern ebenfalls, dass nach Aussage des RP Gießen ein Teil der Anlage im Gewerbegebiet nur mit Ausnahmeregelungen genehmigungsfähig ist, da es sich nicht um ein Industriegebiet handelt. „Wir wollen keine Ausnahmeregelungen, die uns Anwohnern solcherlei Nachteile bringen“, sagt Steffen Dobener. „Mit Sicherheit werden auch belastete Böden nicht in geschlossenen Behältern deponiert, sondern einfach so dahingekippt. Immerhin ist hier die Rede von bis zu 50.000 Tonnen pro Jahr. Das ist kein Pappenstiel.“
Eine Abordnung der Bürger ist letzte Woche zur Anlage nach Solms gefahren, hat sich die Gegebenheiten angeschaut und die Anwohner dort zu ihren Erfahrungen befragt. Die Firma Knettenbrech & Gurdulic (K+G) hatte erklärt, an diesem Standort befinde sich die Anlage ebenfalls in vergleichbarer Nähe zum Wohngebiet und es gebe keine Beschwerden.
„Ständiges Gepiepe“
„Die Leute dort waren sehr ehrlich uns gegenüber“, sagen Harald Grube und Steffen Dobener. Ein reiner Müllentladeplatz besteht dort schon seit den 60er Jahren. Aber erst seit drei Jahren betreiben Knettenbrech & Gurdulic die Anlage. „Die Anwohner erklärten uns, dass teilweise auch samstags sowie an Sonn- und Feiertagen gearbeitet wird. Und auch die Lärmbelästigung sei trotz einer drei Meter hohen (nachträglich wegen der Beschwerden errichteten) Schallschutzmauer nicht unerheblich. Ein Mann sagte, wenn die da schon morgens ab 7 Uhr mit zehn Lkw rangieren und man dann den ganzen Tag das ‚bieb-bieb-biep‘ der Einparkhilfen hören müsse, werde man irre.“
Geräusche und Gerüche
Dazu kämen Abladegeräusche und auch die Gerüche. „Allein der Grünschnitt: Wenn der bei warmen Temperaturen auch nur drei Tage liegt, dann kann man sich vorstellen, wie das stinkt“, äußert eine Bürgerin. Und Harald Grube beschreibt: „In der ringsherum sichtgeschützten Anlage waren durch die wenigen Einsichtsmöglichkeiten natürlich große Müllberge zu erkennen. Da werden nicht nur Container umgestapelt.“
„Die Anwohner in Solms haben zudem andere Windgegebenheiten vor Ort. Als die erfuhren haben, dass bei uns der Süd-West-Wind relevant ist, haben die gesagt, das werde sich noch ‚-zigmal schlimmer‘ als bei ihnen auswirken“, berichten Grube und Dobener weiter. „Und ganz schlimm sind die Anlieger dort von Insekten geplagt, haben Türen und Fenster mit Fliegengittern versehen und sagen, dass die Biester trotzdem überall durchkämen. Bei Beschwerden heißt es lapidar, es stehe gar nicht fest, ob der dortige Müll ursächlich wäre.“
Keine Akzeptanz
„Wir haben jetzt Unterschriften gesammelt“, sagt Harald Grube. „Die Zahl belegt, dass hier keinesfalls Akzeptanz besteht im Hinblick auf das Vorhaben. Das Gegenteil ist der Fall.“ Am Dienstagabend auf der Parlamentssitzung werden die Listen vorgelegt – hier wollen die Anwohner ihr Veto kundtun.