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Landkreis,  Marburg-Biedenkopf

550 Gäste beim Neujahrsempfang des Landkreises

Demokratie muss geschützt werden, für den Krankenhausstandort in Biedenkopf zeichnet sich eine Lösung ab und der Landkreis Marburg-Biedenkopf steht finanziell gesehen vor herausfordernden Zeiten: Landrat Jens Womelsdorf skizzierte in seiner Rede beim Neujahrsempfang des Kreises die wichtigsten Aufgaben, Projekte und Herausforderungen für das Jahr 2025 und darüber hinaus. Rund 550 Gäste aus Ehrenamt, Gesellschaft, Wirtschaft sowie Politik waren der Einladung des Kreises nach Dautphetal-Friedensdorf in eine Werkshalle der Firma Elkamet gefolgt. Zahlreiche Zuschauer*innen waren zudem über den Livestream dabei.

Der Veranstaltungsort unterstrich symbolisch einen wichtigen Punkt in Womelsdorfs Ansprache: Der Landkreis als Region weise eine der höchsten Industriedichten in Europa auf und sei eine wirtschaftlich starke Region, in der es viele engagierte und innovative Unternehmen gäbe. Basis dafür seien vor allem die vielen qualifizierten und in der Region fest verankerten Mitarbeitenden.

Landrat betont Bedeutung der Demokratie

Auch auf eines seiner Kernthemen, nämlich die Bedeutung der Demokratie für das gesellschaftliche Zusammenleben, ging der Landrat ein und verurteilte den rauer werdenden Umgang auch im politischen Diskurs. Zudem werde die Demokratie insbesondere in den sozialen Medien immer wieder verächtlich gemacht.

Womelsdorf zitierte eine Aussage des ehemaligen amerikanischen Präsidenten Barack Obama aus dem Jahr 2022 an der Stanford University, um seine Haltung zu verdeutlichen: „Demokratie erfordert, dass wir mit dem langsamen, mühsamen Prozess des Bauens arbeiten, anstatt dem einfachen Weg der Zerstörung zu folgen.“

Landrat Jens Womelsdorf ging in seiner Rede auf die kommenden Projekte und Herausforderungen für die Kreisverwaltung ein. (Fotos: Georg Kronenberg/Landkreis Marburg-Biedenkopf)

Gerade der Diskurs, die Berücksichtigung verschiedener Meinungen und Bedürfnisse, mache die Demokratie zu einem guten System: „Dieser von Obama benannte mühsame Prozess ist genau das, was immer wieder von Populisten und Populistinnen sowie Demokratiefeinden genutzt wird, um unsere Demokratie verächtlich zu machen und als dysfunktional darzustellen. Nämlich, dass die in der Demokratie notwendigen Aushandlungsprozesse, die Debatten und der Diskurs, vor allem aber der faire Kompromiss gegen das System der Demokratie selbst sprechen würden. Und dass manches sehr lange in der Umsetzung dauert. Ich halte dies grundlegend für falsch. Der Ausgleich von Interessen, das Lösen komplexer Probleme werden eben im Sinne Obamas nicht ohne diese komplexen Aushandlungsprozesse funktionieren“, betonte der Landrat. Und forderte auch die Gäste auf, sich für diesen lebhaften Diskurs und Kompromissfähigkeit einzusetzen.

2025 jährt sich das Ende des zweiten Weltkrieges zum 80. Mal. Der Landrat kündigte an, dass es in diesem Jahr dazu Vorträge, Lesungen, Symposien, Erzählcafés und Zeitzeugengespräche geben werde. Im Fokus sollen die Themen Kriegsende, Befreiung und die Folgen von Diktatur und Autokratie sowie die Bedeutung der Demokratie stehen.

Zukunft des Krankenhauses in Biedenkopf

Die Zukunft des Gesundheitsstandortes Biedenkopf nahm als eine der zentralen Herausforderungen für den Kreis in den nächsten Jahren breiten Raum in Womelsdorfs Rede ein. Als es um die Zukunftsperspektive des Krankenhauses ging, griff Womelsdorf Obamas Aussage erneut auf: Eine gute und zukunftsorientierte Lösung für das Krankenhaus auf den Weg zu bringen, sei in den vergangenen Monaten ein solcher „mühsamer Prozess des Bauens“ gewesen. Der nun eingeschlagene Weg bedeute ein positives Ende der Insolvenz des Krankenhauses: „Wir werden eine Betriebs- und eine Betreibergesellschaft auf den Weg bringen und dann mit einer Interimsbeauftragung eines Dienstleisters den Betrieb sicherstellen. Verbunden mit der parallelen Erarbeitung eines Zukunftskonzeptes. Mit der festen Absicht, das Krankenhaus auf der Basis eines zukunftssicheren Betreiberkonzepts in einigen Jahren in eine andere Eigentümerstruktur zu überführen“, machte er deutlich.

Das Engagement des Kreises in dieser Sache sei zudem für die gesamte Region von großer Bedeutung, unterstrich der Landrat: „Ein nicht vorhandenes Krankenhaus in Biedenkopf hätte auch Versorgungsauswirkungen auf den Ost- oder Südkreis, also zum Beispiel auch in Fronhausen oder in Neustadt. Deswegen ist das Engagement des Landkreises in Biedenkopf so wichtig und im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger des Landkreises. Ich will das noch einmal klar formulieren: Nur weil das Krankenhaus in Biedenkopf steht, ist es nicht nur für Biedenkopf und das Hinterland wichtig.“

Der Belegschaft des Krankenhauses in Biedenkopf dankte der Landrat dafür, dass sie unter der Herausforderung einer Insolvenz ihre wertvolle Arbeit für die Menschen der Region weiter geleistet haben und dem Haus die Treue hielten und halten.

Kreis vor „großen finanziellen Herausforderungen“

Auch auf die aktuelle finanzielle Situation des Landkreises ging der Landrat ein: Der Kreis stehe vor „großen finanziellen Herausforderungen“. Daher werde er Kreistag und Kreisausschuss eine Erhöhung der Hebesätze für Kreis- und Schulumlage um jeweils 1,55 Prozent, in Summe also 3,1 Prozent, vorschlagen. Die Umlagen zählen zu den größten Einnahmenquellen von Landkreisen. Mit ihr finanzieren die Kreise öffentliche Leistungen, die für Städte und Gemeinden erbracht werden. Unter anderem für Kreisstraßen oder als Schulträger, Soziale Sicherung und Jugendhilfe, Flüchtlingsaufnahme und ÖPNV.

Diese Erhöhung, die erste seit 2015, sei keinesfalls eine leichtfertige Entscheidung gewesen: „Ein Schritt, der gut abgewogen wurde, weil er zu spürbaren Mehrbelastungen für unsere Städte und Gemeinden führt“, so Womelsdorf. Der Schritt sei aber unausweichlich, da die finanziellen Belastungen in den wesentlichen Aufgabenbereichen des Landkreises sich seit 2021 um 49,5 Prozent erhöht hätten. Die Deckungsmittel aber, also die Gelder von Bund und Land zur Finanzierung dieser Aufgaben, im gleichen Zeitraum nur um 23,5 Prozent angewachsen seien. „Die Ausgaben für diese den Landkreisen von Bund und Land übertragenen Aufgaben waren also mehr als doppelt so hoch wie für die Erstattungen der beiden höheren staatlichen Ebenen“, erklärte Womelsdorf.

Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer des DRK-Kreisverbandes Biedenkopf sorgten für das leibliche Wohl der Gäste. (Fotos: Georg Kronenberg/Landkreis Marburg-Biedenkopf)

Die Kommunen, die Landkreise, seien die Ebenen, auf denen die Menschen in ihrem Alltag das Funktionieren von Staat und Demokratie direkt erfahren. „Keine staatliche Ebene ist so nah bei den Menschen“, sagte Womelsdorf. Damit Kreis und Kommunen ihre Dienstleistungen in sehr guter Qualität erbringen können, bräuchten sie das dafür notwendige Geld. „Ich erwarte von der Hessischen Landesregierung das zentrale Instrument unserer Finanzierung, den Kommunalen Finanzausgleich, grundsätzlich zu reformieren und deutlich besser finanziell auszustatten“, so Womelsdorf. Damit schlug Womelsdorf auch einen Bogen zum Beginn seiner Rede über die Bedeutung der Demokratie: Denn würden Infrastruktur und Leistungen durch mangelnde finanzielle Ausstattung nicht mehr funktionieren, dann bestehe die Gefahr, dass denjenigen geglaubt werde, die einfache Lösungen präsentieren.

Nach der Rede des Landrates nutzten die Gäste rege die Möglichkeit für Austausch und Vernetzung. Für die musikalische Unterhaltung sorgten Anita Podinovic und Marco Schumertl als „Das Eventduo“ sowie die „Barrelhouse Jazzband“. 

Auch für das leibliche Wohl war durch den DRK-Kreisverband Biedenkopf sowie Produkte von regionalen Direktvermarktern, nämlich „Woodlandchicks“ (Dautphetal-Holzhausen), „Die Brotbackstube“ (Marburg-Weidenhausen, Schröck), die „Hofmetzgerei Hohl“ (Stadtallendorf-Erksdorf) sowie „Renert‘s Hofladen“ (Münchhausen-Oberasphe) gesorgt.

Die vollständige Rede des Landrates lässt sich auf der Homepage des Kreises unter www.marburg-biedenkopf.de/nje25 nachlesen.

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