Nicht nur die Hinterländer können „Katastrophen-Übungen“
Nicht nur im Hinterland werden Katastrophenfälle zu Übungszwecken nachgestellt. Auch im Kreis Siegen-Wittgenstein kam es jetzt zu einem solchen Szenario. Der fiktive Fall: Die Kur-Hessen-Bahn stößt mit Ammoniakkanistern zusammen.
Im Tunnel bei Leimstruth stößt also ein Zug der Kur-Hessen-Bahn mit Kanistern zusammen, die illegal auf den Gleisen entsorgt worden sind. Die Kanister enthalten eine Ammoniaklösung. Beim Aufprall werden sie beschädigt. Die Fahrgäste sind Ammoniakdämpfen ausgesetzt. Diese greifen die Schleimhäute der Atemwege und der Augen an. Bestimmte Konzentrationen in der Luft können nach 30 bis 60 Minuten sogar tödlich sein.
Das war die Ausgangslage der Katastrophenschutzübung die am Samstag unangekündigt durchgeführt wurde.
Bad Laasphe rückt aus
Gegen 8.45 Uhr wurde die Freiwillige Feuerwehr Bad Laasphe alarmiert. Mit dabei auch die Kollegen aus Erndtebrück und Bad Berleburg sowie etwas später noch die Feuerwehr Wilnsdorf mit dem Abrollbehälter zur Dekontamination von Verletzten („Dekon V“). Außerdem waren die Einsatzeinheiten der Hilfsorganisationen vor Ort. Die Verletzten wurden von Freiwilligen der Jugendfeuerwehr Netphen dargestellt. Auf das Schminken der Opfer wurde bei dieser Übung aus Geheimhaltungsgründen verzichtet. Stattdessen wurden die „Verletzten“ mit Karten zu ihrem Verletzungsmuster ausgestattet.
Die Übung wurde von externen Beobachtern verfolgt – extern deshalb, um im Vorfeld auch hier eine Geheimhaltung der Übung gewährleisten zu können. Diese Aktion stellte die Teilnehmer vor zahlreiche Herausforderungen, insbesondere mit Blick auf komplexe logistische Strukturen: von der Organisation von Bereitstellungsräumen über die Kräftenachführung bis hin zum Patiententransport.
Ziel der Übung war es, die Leistungsfähigkeit der Einheiten zur Gefahrenabwehr zu überprüfen. Zudem sollten die Einsatzeröffnung und Alarmierung durch die Kreisleitstelle, die Zusammenarbeit zwischen der Kur-Hessen-Bahn und der Kreisleitstelle, die Funktionalität der Strukturen bei Ereignissen mit einer großen Anzahl von Verletzten („MANV“) sowie das Zusammenspiel von örtlichen und überörtlichen Kräften der Gefahrenabwehr geübt werden.
Das Übungsszenario bot zudem die Möglichkeit, die Rettung von Menschen in einer außergewöhnlichen Situation zu trainieren, bei der auch größere Wege zurückgelegt werden mussten. So wurde etwa der Container zur Dekontaminierung von Verletzten vor einem fiktiven Krankenhaus am Feuerwehrgerätehaus in Erndtebrück aufgestellt. Auch die Tatsache, dass der Tunnel nicht über eine Straße direkt angefahren werden konnte, sondern nur zu Fuß über die Schienenstrecke erreichbar war, stellte für die Rettungskräfte eine besondere Herausforderung dar.
Gegen Mittag war die Übung zu Ende. Rund 160 Einsatzkräfte hatten vor Ort daran teilgenommen. Das erste Fazit war sehr positiv: Man habe „viele Erkenntnisse insbesondere im Kommunikationsbereich gewonnen, was für solch eine komplexe Übungen aber nicht ungewöhnlich“ sei. Im Detail wird die Übung in den nächsten Tagen ausgewertet.