Otto-Ubbelohde-Preis für kulturelles Engagement
Eines haben die diesjährigen Preisträger des Otto-Ubbelohde-Preises des Landkreises Marburg-Biedenkopf alle gemeinsam: Sie setzen sich bereits seit Jahrzehnten für Kunst und Kultur ein. Rosemarie Wolny, Harald Häuser und der Verein KunstWerkStatt Marburg haben den höchsten Kulturpreis des Kreises entgegengenommen. Dieser ist nicht nur mit jeweils 1.000 Euro dotiert, sondern hat vor allem auch einen hohen ideellen Wert.
„Der Landkreis Marburg-Biedenkopf ist kulturell sehr aktiv“, hob Landrat Jens Womelsdorf bei der Preisverleihung hervor, „es gibt eine große Zahl ehrenamtlich getragener Angebote – sie sind vielfältig und identitätsstiftend.“ Der Preis sei eine Gelegenheit, sich für das große Engagement zu bedanken: „Die Preisträgerinnen und Preisträger stehen beispielhaft für die vielen Engagierten im Kreis.“
Großes kulturelles Engagement gewürdigt
Seit 1987 hat der Landkreis den Otto-Ubbelohde-Preis bereits 38 Mal vergeben, und zwar an insgesamt 137 Preisträgerinnen und Preisträger. 46 Bewerbungen um den begehrten Preis hat es in diesem Jahr gegeben. Dieses Mal steht die Kunst ganz besonders im Zentrum des Preises: Rosemarie Wolny aus Lohra hat sich stark für die Kunstvermittlung engagiert, Harald Häuser aus Breidenbach ist ein international bekannter Künstler und die KunstWerkStatt Marburg fördert die Kreativität bei Kindern und Jugendlichen.
Rosemarie Wolny ist nicht nur Gründungsmitglied des Vereins Palette, sie hat diesen in den ersten Jahren nach der Gründung 1989 auch als Vorsitzende geleitet. Der Verein engagiert sich für die Vermittlung von Kunst und Kultur gerade auch im ländlichen Raum. In den 90er Jahren hat sie zudem drei Mal „Rock im Park“ in Gladenbach organisiert. Seit 1989 ist Wolny im Vorstand der Karl-Lenz-Stiftung aktiv, die sich um das künstlerische Lebenswerk des Malers aus Gladenbach-Erdhausen kümmert. Sie hat unzählige Ausstellungen organisiert und Führungen angeboten. Auch den notwendigen Umzug der Sammlung der Lenz-Stiftung in den Hinz-Hoob in Gladenbach-Weidenhausen hat sie federführend organisiert.
Landrat Womelsdorf überreichte Preis im Landratsamt
Die ehemalige Kunstlehrerin hat auch die beiden Bürgermeisterinnen von Lohra und Fronhausen für das Kulturprojekt „Flora 3048“ begeistert, in dessen Rahmen insgesamt sechs Kulturveranstaltungen zum Thema Frauenkultur in beiden Gemeinden angeboten werden. Für diesen Impuls bedankten sich Fronhausens Bürgermeisterin Claudia Schnabel und Lohras Bürgermeisterin Karina Schlemper-Latzel im Rahmen der Preisübergabe noch einmal mit Blumen und Geschenken bei Wolny. Als Motivation für ihren jahrzehntelangen Einsatz nannte Rosemarie Wolny die eigene Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur, die für sie das Leben interessant mache – und die vielen Kontakte und Gespräche, die sich daraus ergeben haben. „Kultur ist ein wichtiger Teil der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum“, betonte sie.
„Mit Harald Häuser zeichnet der Landkreis einen namhaften professionellen Künstler für seine künstlerische Leistung aus“, sagte Womelsdorf in seiner Lobrede auf den zweiten Preisträger. Der in Marburg geborene und in Breidenbach-Kleingladenbach lebende Häuser stellt seit 1975 regelmäßig im In- und Ausland aus und ist bekannt für seine großformatigen modernen Werke. „Seine ausdrucksstarken Arbeiten verändern Räume und geben ihnen Tiefe“, stellte der Landrat fest. Neben seinen Gemälden hat Häuser aber auch Skulpturen, Bronzen und Keramikkunst geschaffen, in den vergangenen Jahren arbeitete er häufig als Illustrator – womit sich für ihn ein Kreis zu Otto Ubbelohde und dessen Illustrationen schließt.
Auch das Team der KunstWerkStatt Marburg setzt sich schon seit fast 40 Jahren für die Vermittlung von Kunst ein. Dabei steht die Nachwuchsförderung im Mittelpunkt: Tausende von Kindern haben das pädagogische Angebot der KunstWerkStatt inzwischen wahrgenommen, etwa ein Drittel von ihnen stammt aus dem Landkreis. Insgesamt sind es aktuell 16 Künstlerinnen und Künstler sowie Kunstpädagoginnen, die in der Jugendkunstschule Kinder und Jugendliche in ihrer Kreativität fördern. Mit ihren Malangeboten hat die KunstWerkStatt in Marburg und an verschiedenen Orten im Landkreis gerade auch Kinder mit Flucht- und Kriegserfahrung erreicht. Mit einer kleinen Performance bedankten sich die Mitglieder der KunstWerkStatt vor allem dafür, dass die Arbeit des Vereins mit Kindern und Jugendlichen auf diesem Weg gewürdigt wird.
Nicht um Kunst, aber über eine andere wichtige Säule der Gesellschaft ging es im Festvortrag von Johannes Kistenich-Zerfaß, dem Leiter des Hessischen Staatsarchivs in Marburg. Er sprach über die Rolle öffentlicher Archive zur Demokratiesicherung. Über Jahrhunderte seien sie dafür instrumentalisiert worden, eine ganz bestimmte Perspektive zu vermitteln. In der hiesigen Demokratie sei durch das Hessische Archivgesetz geregelt, was in ein öffentliches Archiv gelangt. Die Bewertung, was davon erhaltenswert ist, liege jedoch beim Archiv – weisungsunabhängig und anhand wissenschaftlicher Kriterien. Unter größtmöglicher Unabhängigkeit von politischen Vorgaben sei es Aufgabe der Archive, ein möglichst vielseitiges Bild der gesellschaftlichen Wirklichkeit zu zeichnen. Und diese Informationen seien zunehmend für jedermann digital zugänglich und nutzbar. Gerade mit Blick auf die Forschung zu begangenem Unrecht sei dieser Zugang wichtig. „In Zeiten von Fake-News und alternativen Wahrheiten ist es von großer Bedeutung, dass die Archive die authentischen Quellen aufbewahren und zugänglich machen“, betonte der Archivleiter.
Die Veranstaltung wurde musikalisch durch das Quartett „Arcantino“ umrahmt. Das letzte Wort hatte dann der Kreistagsvorsitzende Detlef Ruffert, der betonte: „Kunst und Kultur können nur gedeihen, wenn Freiheit herrscht, und der Garant für Freiheit ist die Demokratie.“