Polizisten massiv verbal angegriffen
Wetzlarer Polizisten nahmen vor einer Woche einen Algerier in der Fußgängerzone fest. Hierbei leistete der 35-Jährige erheblichen Widerstand. Passanten äußerten ihr Unverständnis und erschwerten den Polizeieinsatz. Ein Hinweis zum Aufenthaltsort des seit längerem gesuchten Mannes löste den Einsatz in der Fußgängerzone aus. Zum Hintergrund: Der 35-Jährige reiste 2015 in die Bundesrepublik ein. Sein Antrag auf politisches Asyl durchlief die verwaltungsrechtlichen Instanzen und wurde letztlich abgelehnt.
Besonders „Straffälliger“
Seine Aufenthaltsgestattung erlosch, mehreren Aufforderungen in sein Heimatland auszureisen kam er nicht nach, so dass er abgeschoben werden sollte. Mehrfach scheiterten Versuche ihn abzuschieben, weil er untergetaucht war. Während seines Aufenthaltes in der Bundesrepublik geriet der junge Mann mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt und ist bei der Polizei als sogenannter „besonders auf- und straffälliger Ausländer“ eingestuft.
Widerstand gegen Polizeibeamte
Aufgrund des Hinweises traf eine Streife der Wetzlarer Polizei den Algerier im Einkaufszentrums „Coloraden“ an. Die Polizisten eröffneten ihm den Grund der Kontrolle, worauf er sofort flüchtete. Er rannte aus dem Zentrum, die Ordnungshüter holten ihn ein und drückten ihn zu Boden. Laut schreiend wehrte sich der 35-Jährige gegen das Anlegen der Handschellen.
Passanten wurden auf die Festnahme aufmerksam. Dem Straffälligen gelang es unter anderem mehrmals, einen Arm zu befreien und sich so gegen den Beamten zu sperren.
Schnell versammelten sich Passanten um das Geschehen herum, die Menge wuchs zügig auf bis zu 50 Personen an. Aus der Gruppe wurde die Rechtmäßigkeit der Festnahme in Frage gestellt: „Polizeigewalt“, „nur weil er ein Ausländer ist“, „lasst den armen Mann gehen“, „wartet ab, dafür bekommt ihr Ärger von eurem Chef“, „jetzt seid ihr im Internet“, „guckt euch doch mal bei Snapchat an“ oder „habt ihr nichts Besseres zu tun“. Dies sind nur einige der Äußerungen, die aus der Menschengruppe heraus in Richtung der Polizeibeamten skandiert wurden. Ein junger Mann filmte die Szene offensichtlich mit seinem Handy. Die Menschen rückten dabei immer dichter an das Geschehen heran. Währenddessen versuchten die Kollegen weiter, den 35-Jährigen zu überwältigen und ihm die Handschellen anzulegen. Um auf ein mögliches Eingreifen aus der Menschenmenge heraus reagieren zu können, mussten die Polizisten während des massiven Widerstandes des Festzunehmenden auch die Passanten im Auge behalten. Das alles erschwerte das Überwältigen und die Festnahme des Algeriers enorm.
Unaufhörlich Beschimpfungen
Letztlich legten sie ihm die Handschellen an und brachten ihn im Polizeigewahrsam unter. Die Beschimpfungen und Kommentierungen der Passanten gingen unterdessen unaufhörlich weiter. Nach Einschätzung der Kollegen setzte sich die Gruppe aus einem Querschnitt der Bevölkerung zusammen.
Bevölkerung: voreilig Partei ergriffen
Am nächsten Morgen ordnete ein Richter des Amtsgerichts Wetzlar Abschiebehaft gegen den 35-Jährigen an. Einsätze der Polizei stehen heute meist mehr im Fokus der Öffentlichkeit, als noch vor einigen Jahren. Gerade wenn die Ordnungshüter Recht und Gesetz mit Körpergewalt durchsetzen müssen, wird dies schnell von Passanten beäugt und die Gründe dafür auch kritisch hinterfragt. Die Kolleginnen und Kollegen wissen das durchaus, sie stellen sich jeder Kritik und müssen auch mit Konsequenzen möglichen Fehlverhaltens rechnen.
Nach der Festnahme des gesuchten Mannes in der Fußgängerzone fragen sich die eingesetzten Beamten dennoch: „Wie steht es denn um das Vertrauen der Bevölkerung in ihre Polizei?“