Ubbelohdes Märchenbilder: national wertvolles Kulturgut
Marburg-Biedenkopf. Das Land Hessen hat die Sammlung der Zeichnungen des Künstlers Otto Ubbelohde (1867 bis 1922) zu den Märchen der Brüder Grimm als national wertvolles Kulturgut anerkannt. Das haben Ministerialrat Christian Bührmann als Vertreter des hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst sowie Landrätin Kirsten Fründt in Biedenkopf während der Verleihung des Otto-Ubbelohde-Preises mitgeteilt. Die Zeichnungen befinden sich im Eigentum des Landkreises Marburg-Biedenkopf. Mit der Anerkennung als national wertvolles Kulturgut stehen die 449 Federzeichnungen Ubbelohdes auf einer Stufe mit der Skulptur des Fürsten vom Glauberg, mit der Himmelsscheibe von Nebra, mit der Gutenberg-Bibel oder mit Kunstwerken von Lucas Cranach dem Älteren. Der Anerkennung durch das Land Hessen war eine Prüfung durch eine unabhängige Sachverständigenkommission einschließlich der Anhörung aller anderen Bundesländer vorausgegangen. In Hessen gibt es laut der „Datenbank geschützter Kulturgüter“ des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien lediglich 171 Eintragungen. Das Land nimmt Kulturgut dann in die Liste national wertvoller Kulturgüter auf, wenn es besonders bedeutsam für das kulturelle Erbe Deutschlands, der Länder oder einer seiner historischen Regionen ist und damit identitätsstiftend für die Kultur Deutschlands ist. Seine Abwanderung würde einen wesentlichen Verlust für den deutschen Kulturbesitz bedeuten und deshalb liegt sein Verbleib im Bundesgebiet im herausragenden kulturellen öffentlichen Interesse. Die Werke dürfen also nicht ins Ausland verkauft werden.
„Die Anerkennung als national wertvolles Kulturgut ist eine bedeutende Auszeichnung für die Werke Ubbelohdes und für die Kultur in der Region Marburg-Biedenkopf, denn nur herausragende Zeugnisse des kulturellen Lebens und Schaffens erhalten diese Einstufung“, sagte Landrätin Kirsten Fründt. Der Name Ubbelohde sei fest mit der Kulturpolitik des Kreises verknüpft – so sei zum Beispiel die höchste Kulturauszeichnung, die der Kreis zu vergeben hat, nach dem Künstler Otto Ubbelohde benannt.
Die Kinder- und Hausmärchen wurden von den Brüdern Grimm gesammelt, stammen aber ursprünglich aus Südfrankreich und wurden durch französische Glaubensflüchtlinge nach Hessen mitgebracht. Erst durch die Veröffentlichung mit den Illustrationen Ubbelohdes wurden die Märchen weltbekannt. Durch die vielfach in Hessen zu verortenden Motivvorlagen bekamen sie die Einordnung als hessische Märchen. Otto Ubbelohde schuf die wohl einprägsamsten Illustrationen der Grimmschen Märchen. Zwischen 1907 und 1909 vom Leipziger Turmverlag ediert, erschien 1922 eine illustrierte Ausgabe in drei Bänden im Marburger Elwert-Verlag. Ubbelohde war vom Naturalismus des 19. Jahrhunderts geprägt, verstand es, jenen Freiraum für die Phantasie auch in seinen Federzeichnungen zu erhalten, der für das geschriebene und gesprochene Wort des Märchens so charakteristisch ist.
Otto Ubbelohde wurde am 5. Januar 1867 in Marburg geboren. Nach dem Abitur am Marburger Gymnasium Philippinum ließ er sich zum Maler ausbilden. Nach einem Aufenthalt an der Kunstakademie in Weimar (heute Bauhaus-Universität Weimar) wurde Otto Ubbelohde Schüler von Gabriel von Hackl, Johann Caspar Herterich, Wilhelm von Diez und Ludwig von Löfftz an der Münchner Kunstakademie. Von München aus reiste er 1889 nach Worpswede, wo sich gerade die Künstlerkolonie Worpswede bildete; 1894/95 arbeitete er nochmals dort. In den dazwischen liegenden Jahren hielt er sich im Sommer zeichnend und malend am Neckar und auf der Insel Reichenau auf. Nach der Heirat 1897 mit Hanna Unger kehrte er in seine Heimat zurück und baute in Goßfelden bei Marburg ein Atelier- und Wohnhaus. Anfangs wohnte das Ehepaar nur im Sommer dort, ab 1900 jedoch ständig. Otto Ubbelohde starb am 8. Mai 1922 in Goßfelden. Heute ist das denkmalgeschützte Haus Sitz der Otto-Ubbelohde-Stiftung und beherbergt das Museum „Haus Otto Ubbelohde“. Nachdrucke der Märchenillustrationen sind im Landratsamt in Marburg zu sehen. Die Datenbank der national wertvollen Kulturgüter befindet sich im Übrigen auch bei: http://www.kulturgutschutz-deutschland.de.